Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
ich habe meine Haushaltsrede im vergangenen Jahr den großen Bereichen Flüchtlingspolitik und Klimawandel gewidmet.
Sprachen wir doch in 2015 von der großen Flüchtlingswelle. Und beim Klimagipfel in Paris wurde im vergangenen Jahr nach Lösungen gesucht, die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius zu beschränken.
Heute reden wir beim Thema Flüchtlinge fast nur noch davon, wer was bezahlt, wie schnell die Abschiebeverfahren für diejenigen durchgeführt werden, die keine Aussicht auf ein Bleiberecht haben und wie wir die Integration gestalten können.
An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich noch einmal bei allen bedanken, die sich Haupt- und ehrenamtlich um die vielen Geflohenen hier bei uns kümmern und ihnen helfen, hier bei uns Fuß zu fassen.
Das ist – wie wir alle wissen – im Dschungel der Bürokratie nicht immer einfach.
Im letzten Jahr haben wir gedrängt unsere Berufskollegs gut aufzustellen, um jungen Geflohenen einen Einstieg ins deutsche Bildungssystem zu ermöglichen. Heute stellen wir fest, dass sich unsere Schulen an vielen Stellen mit viel Engagement und Kreativität auf den Weg gemacht haben, jungen Geflohenen ein Angebot zu unterbreiten.
Das ist sicherlich für alle eine große Kraftanstrengung, aber eine unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen von Integration.
Beim Klimaschutz sind wir Grünen bekannter Weise sehr viel ungeduldiger als Sie, Herr Landrat und Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Im Umweltausschuss wurde unserem Antrag auf Budgeterhöhung für unsere Klimaschutzingenieurin, Frau Schaller zugestimmt.
Im kommenden Jahr wird es 5000€ mehr für ihre Arbeit geben.
5000€, die dazu genutzt werden können, beispielsweise Schülerinnen und Schüler für Umweltthemen zu sensibilisieren.
Bei einem großen Ziel wie die Senkung des CO2-Ausstoßes, sind diese 5000 € aber eher ein kurzer Schauer in der Wüste als die lang ersehnte Oase.
Seit Jahren reden wir darüber, auch hier im Märkischen Kreis den CO2-Ausstoß zu verringern. 5000€ sind zwar notwendig, aber leider nicht ausreichend.
Die wirklich große Herausforderung ist, dass wir unseren Umgang mit Mobilität und Ressourcen-Schonung verändern müssen.
Doch seit Jahren scheuen Sie sich davor, Herr Landrat, eine solche Auseinandersetzung zu führen.
Es ist notwendig, dass wir Veränderungen herbeiführen und darüber mit den Bürgermeisterinnen und den Bürgermeistern und auch den Bürgerinnen und Bürgern des Märkischen Kreises ins Gespräch kommen.
Aber so wie es bisher läuft, wissen Sie genauso gut wie wir, dass wir die Klimaschutzziele verfehlen.
Im Kreishaus gibt es mittlerweile, dank Frau Schaller, eine Ladestation für ein Elektroautomobil. Der Strom dafür muss aus erneuerbaren Energien kommen. Sonst macht das keinen Sinn.
Deshalb müssen wir im Märkischen Kreis die erneuerbaren Energien schnell und vor allem naturverträglich ausbauen.
Dabei ist die Landschaftsplanung ein wichtiges Instrument.
Bei der Aufstellung der Landschaftspläne geht es darum, wie wir uns im Märkischen Kreis für die Zukunft aufstellen wollen.
Wo können wir weitere Beiträge zum Klimaschutz – wie Windkraftanlagen – zulassen?
Wie können wir den Einklang mit der Natur bewahren und schützen?
Müssen wir tatsächlich weitere Gewerbegebiete ausweisen?
Das sind Fragen, die in der Auseinandersetzung die Unterschiede der politischen Akteure im Kreistag deutlich machen. Genau das erwarten aber nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern das bringt auch Planungs- und Investitionssicherheit für die Betriebe in unserer Region.
Im Märkischen Kreis sind mittlerweile sieben Landschaftspläne in Kraft. Das sind nicht einmal 50 %. In den Städten Hemer, Menden, Halver und Schalksmühle gibt es uralte Aufstellungsbeschlüsse, die aus den 80iger Jahren stammen. In den Städten Altena, Nachrodt-Wiblingwerde, Werdohl und Neuenrade gibt es nichts, außer einem dringenden Nachholbedarf.
Landesweit wurden bereits ca. 80 % aller Landschaftspläne aufgestellt oder befinden sich in Bearbeitung. Unser Nachbarkreis der HSK hat sein Gebiet zu 100 % überplant. Für jede seiner Städte und Gemeinden existiert ein Landschaftsplan.
Es ist ein Desaster, dass gerade der Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes seit knapp vier Jahrzehnten immer mehr von Ihnen, Herr Landrat, hier im Märkischen Kreis vernachlässigt wird. Gerade in diesem Bereich müsste mehr Personal zur Verfügung gestellt werden, um weitere Landschaftspläne in absehbarer Zeit fortzuschreiben.
Davon mal abgesehen, handelt es sich bei der Aufstellung von Landschaftsplänen um eine Pflichtaufgabe.
Landschaftspläne dienen auch dazu europäische Schutzkonzepte in nationales Recht umzusetzen. Die europäische Kommission hat den Mitgliedsstaaten sechs Jahre Zeit gegeben, für die Einreichung der FFH- und Vogelschutzgebiete. Auch diese Frist ist abgelaufen.
Wir, Bündnis ´90 – Die Grünen, können und werden das despektierliche Verhalten seitens der Verwaltung gegenüber Natur- und Landschaftsschutz nicht hinnehmen.
Wir werden dieses Thema immer wieder und solange auf die Tagesordnung der Fachausschüsse setzen, bis die Verwaltung eine Planung vorlegt, aus der realistisch hervorgeht, wann die Landschaftspläne aufgestellt werden, wie bereits bestehende weiter umgesetzt werden und wie viel Personal dafür notwendig ist.
Und das machen wir hartnäckig bis zur Beschlussreife.
Kommen wir zum nächsten Thema – zur Einführung eines Mobilitätstickets für den Märkischen Kreis.
Inzwischen ist der Märkische Kreis auch hier Schlusslicht. 48 von 53 Kreisen und kreisfreien Städten in NRW bieten das Ticket an. Im Zweckverband Ruhr Lippe steht der Märkische Kreis sogar an allerletzter Stelle.
Das ist doch einfach nur peinlich!
Nachdem klar ist, dass der Topf für die Förderung durch das Land erst einmal verschlossen ist, gibt es große Worte.
Die SPD-Mitglieder wollen sich schon mal warm machen für eine mögliche Antragstellung nach den Landtagswahlen. Der Landrat verspricht, dieses Thema von sich aus im späten Frühjahr wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
Vielleicht hofft der eine oder andere von Ihnen aber auch, dass es das Mobilitätsticket nach der Landtagswahl nicht mehr geben wird und freut sich insgeheim über den gerade eingebrachten Antrag der Landes-FDP, dass Mobilitätsticket wieder abzuschaffen.
Wie dem auch sei. Wir glauben an den Erfolg des Mobilitätstickets.
Es ist bereits heute ein Verkaufsschlager und müsste noch ausgeweitet werden auf weitere Personengruppen, oder noch besser auf alle Nutzer.
Und falls Sie, liebe Verwaltung und Kolleginnen und Kollegen, Angst davor haben, dass Ihnen das Geld dafür ausgeht: Die MVG bietet selbständig finanzierte Schnupper-Abos an.
Also einfach nochmal nach rechnen. J
Ohne Mobilitätsticket werden wir den größten Verursacher des CO 2 Ausstoßes – den Individualverkehr – sonst nicht in den Griff kriegen.
Bei der Auseinandersetzung zur Aufstellung des Nahverkehrsplanes wurde versprochen, die Änderungswünsche aus den Kommunen zu prüfen und im Fachausschuss zu berichten.
Leider liegt noch kein Bericht vor. Hartnäckig, wie wir sind, werden wir einen Tagesordnungspunkt für die nächste Sitzung des Struwi dazu beantragen.
In den vergangenen Jahren wurde auch in unserer Kreisverwaltung viel Personal abgebaut. Eine große Anzahl von Stellen wurde mit kw -Vermerken gekennzeichnet und nicht wiederbesetzt.
Neue gesetzliche Aufgaben werden bisher durch interne, personelle Umbesetzungen bewältigt. Häufig zu Lasten der Ursprungsbereiche und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Jetzt soll im Bauamt wieder eingestellt werden, um unter anderem auch die Millionen Mittel für „Gute Schule 2020“ zu verausgaben. Mit Einführung dieses Programmes sollen Schulsanierungen gefördert und der Aufbruch ins digitale Zeitalter unserer Schulen vorangetrieben werden.
Wir begrüßen das.
Wir wünschen uns aber ausdrücklich, dass gerade in diesem Bereich eng mit den Schulleiterinnen und Schulleitern zusammen gearbeitet wird.
Die Schulleiterinnen und Schulleiter der Förderschulen und Berufskollegs kennen ihre Schulen schließlich am besten. Sie wissen in welchen Bereichen die zusätzlichen Mittel am nötigsten gebraucht und am effektivsten eingesetzt werden können.
Wir unterstützen Stellenausweitungen gern, wenn wir nachvollziehen können, dass die die Verwaltung mit ihren personellen Kapazitäten sonst an ihre Grenzen stößt.
Deshalb wollen wir auch wissen, welche Aufgaben im Bereich des Gesundheitsamtes nicht mehr erledigt werden können oder welche Aufgaben zeitlich aufgeschoben werden müssen.
Dazu werden wir ebenfalls einen TOP für die nächste Sitzung des Fachausschusses beantragen.
Nachdem der diesjährige Haushaltsplanentwurf der Bürgermeisterinnen, den Bürgermeistern und den Kämmerern vorgelegt wurde, reagierten diese ungewöhnlich zahm.
Alle Jahre wieder musste sich unser Kreiskämmerer verteidigen. Ständig gab es Ärger mit der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern. Dieser Ärger ist dieses Jahr weitestgehend ausgeblieben.
Wir als Grüne haben uns gefragt, woran das liegt.
Vielleicht liegt es daran, dass auf der Suche nach einem neuen Prellbock öffentlich und in schrillen Tönen auf den Landschaftsverband Westfalen Lippe eingedroschen wurde.
Sie, Herr Landrat, müssen zugeben, dass das in dieser Schärfe sehr verwunderlich war.
Verwunderlich deshalb, weil Sie seit Jahren mit der SPD zusammen in einer großen Koalition in der Landschaftsversammlung sitzen. Sie müssten doch am besten wissen, dass der Landschaftsverband genau wie wir auf Kreisebene, seit Jahren versucht, mit allen möglichen Sparprogrammen die Haushaltsenden zusammen zu bekommen.
Was wollen Sie denn noch?
Aus Ihren eigenen Reihen kamen keine Sparvorschläge.
Wollen Sie tatsächlich den betroffenen Menschen vorschlagen, zurück in Mehrbettzimmer zu ziehen, oder die auskömmlichen Tariflöhne wieder abschaffen?
Natürlich wollen Sie alle das nicht. Und wir erst recht nicht.
Aber die Kosten der Eingliederungshilfe und der Pflege müssen auch bezahlt werden.
Das Geld dafür muss dort herkommen, wo der Auftrag erteilt wurde und dort ankommen, wo die Aufgaben erledigt werden.
Deshalb sollten wir gemeinsam den Bund in die Verantwortung nehmen und uns nicht gegenseitig auf kommunaler Ebene die Schuld zuschieben.
Sehr geehrter Herr Landrat,
dem vorgelegten Haushaltsplan für 2017 werden wir, trotz vieler verpatzter Gelegenheiten, zustimmen. Wir geben die Hoffnung nicht auf. Und Sie wissen ja, wir bleiben hartnäckig.
Aber einen Appell möchte ich noch an Sie, Herr Landrat und Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hier in dieser Runde richten.
Mir ist aufgefallen, dass der Ton zwischen unseren demokratischen Parteien hier im Kreistag und in seinen Ausschüssen immer rauer wird.
Die Bürgerinnen und Bürger draußen verstehen oftmals die Beweggründe dafür nicht, weil nicht mehr sachlich argumentiert wird.
Deshalb sollten wir zu einer wie in der Vergangenheit geführten fairen und streitfähigen Kultur der politischen Auseinandersetzung zurückfinden.
Wir sollten als demokratische Parteien unsere Schwerpunkte in den politischen Debatten deutlich machen und im Schulterschluss die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass wir uns von anderen nichtdemokratischen Parteien inhaltlich deutlich absetzen.
Wir müssen wieder um Inhalte streiten.
Einen weiteren Rechtsruck nach den anstehenden Wahlen brauchen wir alle nicht.
Wir bedanken uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihren Einsatz.
Wir wünschen Ihnen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, allen hier Anwesenden und den Bürgerinnen und Bürgern des Märkischen Kreises noch eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Renate Oehmke
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