“Ärzteschaft wird weiblich” – MZ vom 28.08.2017

"Ärzteschaft wird weiblich" - Podiumsdiskussion der Grünen zur medizinischen Versorgung

Meinerzhagener Zeitung am 28.06.2017

 

als Text:

“Ärzteschaft wird weiblich”

Podiumsdiskussion der Grünen zur medizinischen Versorgung

Von Luitgard Müller

MEINERZHAGEN – Der Ärztemangel im ländlichen Raum und die Bürgerversicherung standen im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion, zu der der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen am Samstag in die Stadthalle Meinerzhagen eingeladen hatte.

Unter der Leitung von John Haberle, Direktkandidat für die Bundestagswahl 2017 im Wahlkreis 150 Märkischer Kreis II. diskutierten Mehrdad Mostofizadeh, gesellschaftspolitischer Sprecher und Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, Manuela Anacker vom VdK, Sprecherin des Patientennetzwerkes NRW, Dr. med. Martin Junker, Bezirksleiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), und Christian Hohn, Direktkandidat für den Wahlkreis 149 Märkischer Kreis/Olpe mit rund 20 interessierten Bürgern.

Die Gesellschaft altert und mit ihr auch die Ärzteschaft. 35 Prozent der Hausärzte sind heute bereits älter als 60 Jahre, knapp zwölf Prozent sogar älter als 65 Jahre, und viele haben Schwierigkeiten, Nachfolger für ihre Praxis zu finden. Denn immer weniger Mediziner sind bereit, sich in ländlichen Gebieten niederzulassen. Die Gründe dafür sieht Dr. Martin Junker unter anderem in der Budgetierung und Reglementierung, zunehmender Bürokratisierung und der schwachen Infrastruktur in diesen Gebieten. Darüber hinaus schlössen viele Arzte ihre Aus- und Weiterbildung nicht in den Fachgebieten ab. die für eine flächendeckende ambulante Versorgung der Bevölkerung benötigt würden. Deshalb fördere die KVWL bereits Aus- und Weiterbildungsabschnitte in Hausarztpraxen, und bei Übernahme eines vollen oder teilzeitlichen Versorgungsauftrages auch Zulassungen und Anstellungen sowie die Einrichtungen von Zweigpraxen. so Junker. Außerdem würden Praxisdarlehen, Umsatzgarantien und Kostenzuschüsse gewährt. Darüber hinaus vergibt der Kreis bereits jährlich Stipendien an Studenten der Humanmedizin. die sich im Gegenzug verpflichten, mindestens fünf Jahre im Märkischen Kreis zu arbeiten. Manuela Anacker plädierte außerdem für einen leichteren Zugang zum Medizinstudium, denn allein der Numerus Clausus sei keine Garantie für die nötige Empathie und Ruhe, die im Umgang mit Patienten wünschenswert sei.

Christian Hohn sprach sich außerdem für einen Ausbau der bestehenden Netzwerke aus. Doch auch die Kommunen und die ansässigen Wirtschaftsunternehmen seien gefragt, für die Vorzüge des ländlichen Raumes zu werben und entsprechende Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen, betonte Mehrdad Mostofizadeh. “Die Ärzteschaft wird weiblich“, sagte er. “Von den 114 Allgemeinmedizinern, die 2016 ihre Anerkennung erhielten, sind 73 weiblich: Tendenz steigend.” Mostofizadeh erläuterte den Zuhörern auch die Bürgerversicherung, mit der die Grünen die bestehende Spaltung in private und gesetzlich Krankenversicherte überwinden, für mehr Solidarität sorgen sowie die Qualität der ärztlichen Versorgung und die Wahlfreiheit der Versicherten ausweiten wollen.

In diesem Zusammenhang fordern die Grünen auch, die einseitig nur von den Versicherten zu zahlenden Zusatzbeiträge wieder abzuschaffen und die Arbeitgeber wieder an den Gesundheitskosten zu beteiligen. Die Absicherung von Selbstständigen mit geringem Einkommen soll verbessert werden und auch Beamte sollen zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung wählen können.

 

Quelle: Meinerzhagener Zeitung



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